Der Tag danach … Newplacement und „Bestplacement“

Personalabbau und Kündigungen gehören heutzutage in vielen, vor allem großen Unternehmen fast schon zur Routine. Sich ständig ändernde Anforderungen an Unternehmen machen es häufig notwendig, auch personelle Maßnahmen zu setzen.

Zum Glück steigt das Bewusstsein dafür, dass eine gut durchgeführte, faire Trennung sowohl für die Betroffenen als auch für die gesamte Organisation von Vorteil ist. Dies hat unterschiedliche Gründe, zB. die Angst vor sonst langwierigen Gerichtsprozessen, Unruhe im Unternehmen selbst oder aber auch natürlich das Thema Social Media und die dadurch bestehende Möglichkeit auf diversen Kanälen negative Schlagzeilen und Diskussionen zu verursachen.

Durch professionelles Trennungsmanagement wird versucht, die Folgewirkungen zu minimieren. Bei größeren Personalmaßnahmen wird dieses auch schon häufig in Unternehmen implementiert.

Newplacement – die Begleitung der vom Abbau betroffenen Mitarbeiter

Ein Kernelement von Trennungsmanagement bildet hier der Newplacementprozess – die Begleitung der vom Jobverlust betroffenen Mitarbeiter am Weg in eine neue berufliche Zukunft.

Die Mitarbeiter werden vorbereitet, sie erhalten Unterstützung bei der beruflichen Neuorientierung. Umschulungsmaßnahmen werden angeboten, unterstützt durch professionelles Coaching werden die Stärken herausgefunden. Das Ganze wird oft noch begleitet durch eine kleine oder größere Abfertigungszahlung, das Schmerzensgeld sozusagen.

Nachdem ich mehrere solcher Prozesse selbst miterlebt und als Führungskraft begleitet habe, hab ich oft das Überraschende erlebt. Nach vielen, vorbildlich abgearbeiteten Jahren in der gewohnten Position kamen durch die Neuausrichtung plötzlich die wahren Begabungen und Talente vieler Mitarbeiter zum Vorschein. Somit wurde durch einen erzwungenen Neubeginn der erste Schritt in eine neue berufliche Richtung gesetzt und die Herausforderung durch die Beteiligten freudig angenommen.

Und dann ist er da, der Tag danach …

Die Personalabbaumaßnahmen sind beendet, es soll wieder Ruhe ins Unternehmen und bei den verbliebenen Mitarbeitern einkehren. Doch es fühlt sich nach Stillstand an, kein Funken positiver Stimmung ist zu verspüren.

Was ist passiert?

Damit die getroffenen Maßnahmen auch wirklich die erwünschten und erhofften Erfolge erzielen, gibt es einen zweiten wichtigen Bestandteil, der meiner Erfahrung nach meist vergessen wird, dem aber genauso große Bedeutung beizumessen ist. Nämlich den der anderen Betroffenen, also denjenigen die bleiben, müssen, dürfen oder sollen.

Die Survivors

Sie werden oft als Survivors bezeichnet. Das stimmt – sie haben den langen Prozess der Vorbereitung auf anstehende Trennungen mit allen im Unternehmen dabei aufkommenden Ängsten, Irritationen, Klatsch und Tratsch und Mutmassungen überstanden, sie wurden nicht ins Personalbüro oder zum Vorgesetzen gerufen, um die „schlimme“ Nachricht zu erhalten.

Auf diese Survivors wird in den meisten, auch professionell durchgeführten Trennungsprozessen, oft einfach vergessen. Weil sie ja eigentlich froh sein müssen, bleiben zu dürfen…

Aber wie sieht deren Realität aus:

Sie haben langjährige Arbeitskollegen verloren, sollen nun weitere Aufgaben der Kollegen übernehmen, ohne dass eine neue Struktur dafür geschaffen wird. Sie müssen in neuen Teamzusammensetzungen arbeiten, ohne dass sie noch ein Teamgefühl entwickelt haben. Sie sollen die neuen Ziele und Visionen der Organisation freudig mittragen, ohne dass ihnen diese wirklich klar gemacht wurden.

Dabei ist gerade die Reaktion, das Verhalten und die Freude an der Aufgabe der Survivors maßgeblich dafür verantwortlich, ob der notwendige Personalabbau wirklich die erhofften Ziele für das Unternehmen einbringen wird.

Und darum hier mein Pladoyer dafür, in Trennungsprozessen verstärkt die Gruppe der Survivors zu beachten– ich nenne es gerne „Bestplacement“, also die Begleitung in eine neue berufliche Zukunft am alten Arbeitsplatz aber mit neuer Begeisterung und Mitgestaltungsmöglichkeit.

Ziel dieses „Bestplacementprozesses“ sollte sein:

  • die aufgekommenen Ängste und Irritationen aufzulösen
  • eine Möglichkeit zur Mitgestaltung des neuen Aufgabenbereichs zu schaffen
  • die Einbindung in den Aufbau neuer Strukturen und Verantwortlichkeiten
  • neu formatierte Teams bei der Findung unterstützen
  • neues Commitment zum Unternehmen zu schaffen

Denn erst dann, wenn die neuen Strukturen wieder Sicherheit bieten und wenn auch hier wieder Freude und der Glaube an eine erfolgreiche Zukunft entsteht, wird der Restrukturierungsprozess des Unternehmens auch den erwünschten Erfolg zeigen.